Haltung als Wirkfaktor im Coaching

20.08.2025 | von Redaktion
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Von Prof. Dr. Markus Jüster

Sind Coaches käuflich? Kluge Coaches sind es nicht!

Coaching ist eine professionelle Dienstleistung, für die ein Entgelt vereinbart wird. Dies ist begrüßenswert. Ein wirtschaftliches Interesse des Coaches ist Grundlage seines Selbstverständnisses und wird durch den geschlossenen Vertrag artikuliert.

Das Problem der Scharlatanerie im Coaching liegt darin, dass es viele selbsternannte Coaches gibt, die ohne fundierte Ausbildung oder wissenschaftliche Basis arbeiten. Dies führt nicht nur zu enttäuschten Klienten, sondern kann auch potenziell schädlich sein. Die Problematik ist nicht neu (vgl.  Kühl, 2005: Das Scharlatanerieproblem im Auftrag der DGSv).

Ökonomische Scharlatanerie ist jedoch nicht der alleinige Gegenstand der vorliegenden Betrachtung. Es geht um die Frage der Haltung, die sich nicht nur im wirtschaftlichen Verhältnis widerspiegelt. Im Coaching sind wir mit Situationen konfrontiert, die nicht nur finanziell herausfordernd sind, sondern auch eine bestimmte Haltung erfordern. Es geht um:

  • Neugierde: Die dunkle Seite der Empathie fordert uns. Ist die Ermittlung aller Informationen tatsächlich erforderlich?
  • Stellvertretung (Rigoletto-Syndrom): Hierbei handelt es sich um eine Form der indirekten Beteiligung. In diesem Fall erfreut sich der bucklige Hofnarr des lasterhaften Herzogs von Mantua als dessen Berater über die amourösen Abenteuer seines Fürsten. Das Handeln des Vaters endet schließlich in einem Unglück, bei dem seine Tochter zu Tode kommt. Es ist nicht empfehlenswert, dass Coaches ihre eigenen Beruf- und Karrierewünsche auf die Coachees übertragen. Dies führt letztlich zu einem Unglück.
  • Eitelkeit: Ein Coach kann nicht alles. Selbstüberschätzung ist kein Zeichen von Souveränität

Doch was benötigt ein Coachee? Ein aufrichtiger Dialog im sokratischen Sinne basiert auf einem ethischen Fundament, fundiertem Wissen und guter Methodenhandhabung.

Der amerikanische Psychiater J.D. Franck untersuchte unspezifische Wirkfaktoren in der Psychotherapie. Er kam bereits 1961 zu folgenden drei wesentlichen Wirkfaktoren

  1. Vertrauen des Behandelten in den Behandelnden
  2. Überzeugung des Behandelnden, dass er dem Behandelten helfen kann
  3. Vertrauen beider in die Methode

Vertrauen steht im Zentrum der helfenden Beziehung. Insofern wir von einem vertrauensvollen Verhältnis sprechen, stellt sich die Frage, wie dieses entsteht? Persönliche Haltung kann Vertrauen schaffen, da sie den Charakter des Coaches sichtbar macht. Welche Faktoren kennzeichnen eine positive Haltung im Coachingprozess?

  • Ehrlichkeit: Ehrlichkeit ist eine grundlegende Voraussetzung für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Dazu gehört auch, dass nur Ziele vereinbart werden, die tatsächlich erreichbar sind.
  • Bescheidenheit: Nicht seine eigenen Heldengeschichten erzählen, schnelle Lösungen generieren und das eigene Ego überhöhen.
  • Interesse: Meint nicht Neugierde! Es geht um eine positive Anteilnahme am Reifungsprozess des Coachees.
  • Demut: Coaches sind Begleiter auf Zeit, welche den Rahmen schaffen, in dem der Coachee wächst. Ihre Begleitung ist vorübergehend und ihre Aufgabe ist es, sich – unbemerkt – wieder aus dem Leben des Coachees rechtzeitig zu verabschieden.

Der Erfolg verbleibt beim Coachee. Der Coach ist weder käuflich noch kauft er sich ins Leben des Coachees ein. Diese Differenz ist das Kennzeichen von Haltung in der professionellen Beziehung im Coaching.

Prof. Dr. Markus Jüster


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