Wider den Methodenzirkus

17.12.2025 | von Redaktion
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Von Prof. Dr. Markus Jüster

Wenn der Coach die Wunderfrage stellt, muss er wissen, dass er verloren hat!

Coaching ist eine beratende Dienstleistung, die nicht der Informationsweitergabe, sondern der Reflexion dient. So weit, so gut!

Diese Reflexion bezieht sich auf gedachtes und gesagtes, auf Handlungen, Unterlassungen, soziale Konflikte, Karrierewünsche, Dilemmata oder phantastische Zukunftsentwürfe. Es ist jeweils zu hinterfragen, ob die genannten Themen

  • Rational gut erfasst (mit Argumenten gut belegt)
  • Emotional bedeutsam erlebt werden (Gefühle auslösen)
  • Motivational zum Handeln anregen

Coaching überschreitet folglich die Ratio und berührt die emotionale Seite der Persönlichkeit. Nun, aber wie berühren wir die Person im Coaching und wie motivieren wir sie, Ängste und Lähmung zu überwinden und ins Handeln zu kommen? Erkenntnis allein reicht nicht!

Coaching überschreitet folglich die Ratio und berührt die emotionale Seite der Persönlichkeit. Nun, aber wie berühren wir die Person im Coaching und wie motivieren wir sie, Ängste und Lähmung zu überwinden und ins Handeln zu kommen? Erkenntnis allein reicht nicht!

Und genau hier kommen die Methoden ins Spiel. Methoden aus unterschiedlichen therapeutischen Schulen werden eingesetzt, darunter systemisch, gruppendynamisch, analytisch, gestalttherapeutisch, psychodramatisch, rollenbasiert und viele mehr. Aufstellung, Rollenspiel, Trance, systemische Fragestellungen, hypnosystemische Narrationen, Imaginationsreisen und natürlich auch das Arbeiten mit Pferden (oder wahlweise mit Delfinen) können hilfreich sein. Und es soll Manager geben, welche auf Bäume steigen (Kanning 2013). Der Zirkus der Methoden ist eröffnet.

Ich will hier ganz deutlich sein: Mir geht es nicht darum, die Dinge lächerlich zu machen. Vieles davon macht Sinn und hat Wirkung. Das ist aber nur der Fall, wenn das Werkzeug der Aufgabe angemessen (Watzlawick) und in einen „Wirkkontext“ eingebunden ist.

Ed Schein hat 2010 in herausragender Weise dargelegt, welche zehn Parameter für ihn von entscheidender Bedeutung in einer Prozessberatung für die Zukunft sind. Er nennt:

  1. Versuche stets zu helfen
  2. Verliere nie den Bezug zur aktuellen Realität
  3. Setze dein Nichtwissen ein
  4. Alles was du tust ist eine Intervention
  5. Das Problem und seine Lösung gehören dem Klienten
  6. Geh mit dem Flow
  7. Das Timing ist entscheiden
  8. Sei konstruktiv opportunistisch und arbeite mit konfrontativen Interventionen
  9. Alles liefert Daten; Fehler wird es immer geben, sie sind die wichtigste Quelle neuer Erkenntnis
  10. Teile im Zweifelsfall das Problem mit anderen

Letztlich geht es um Handlungsorientierungen, die sich von den methodischen Anweisungen der Beratungsschulen lösen. Sie sind allerdings gleichermaßen hilfreich wie abstrakt.

Ein klares und strukturiertes Vorgehen ist ebenfalls von großem Nutzen. Verfahren, Methoden und Instrumente werden oft und viel diskutiert, doch nur in Verbindung mit einem Prozess, der diese Elemente sinnvoll einbindet, können sie ihre volle Wirkung entfalten und eine eigene Qualität entwickeln. Dazu zählen:

  1. Eine klare Auftragsklärung
  2. Die Vereinbarung über realistische wie messbare Ziele
  3. Ein Commitment über die Form der Zusammenarbeit  
    (Themen-, Format- und Rollenklarheit)
  4. Nachvollziehbare Strukturen in den Prozessablauf
  5. Umsetzungsstrategien im Berufs- und Lebensfeld
  6. Indikatoren für die Erfolgsmessung
  7. Zeit (und Ressourcen)

Dies alles lässt sich nicht mit einer einzelnen Wunderfrage umgehen.

Verfahren können selbstverständlich in eine strukturierte Vorgehensweise eingebunden werden. Das strukturierte Vorgehen schafft einen sicheren Rahmen, in dem dann unterschiedliche Herangehensweisen, Instrumente oder „Werkzeuge“ eingesetzt werden – und zwar so, wie es erforderlich ist. Kontextualisiert entfalten sie Wirkung.

Es mag banal klingen, aber eine freundliche Begrüßung, eine Nachfrage zum Befinden und Interesse an Veränderungen sind wichtige Schritte in ein Gespräch. Der Blick auf den vereinbarten Katalog an Themen ist unabdingbar, um Gedanken zu zentrieren. Eine gute Exploration ist der Schlüssel, um Kernanliegen zu entdecken.

Die Bearbeitung eines Themas ohne Resultat ist bedeutungslos. Und: Das Resultat einer Coaching-Einheit wirkt nur dann, wenn es im echten Leben erfolgreich umgesetzt wird.

Das gute Werkzeug entfaltet erst in den Händen einer Fachfrau seine volle Wirkung! Coaching sollte sich nicht nur mit Bergen von Tools und Techniken beschäftigen. Es muss in seinem Vorgehen eine klare Ernsthaftigkeit erkennen lassen.

Prof. Dr. Markus Jüster


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17.12.2025

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