Wenn Talent und Verantwortung zusammenpassen sollen, müssen Arbeitsmodelle flexibler werden.
Der Arbeitsmarkt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Der Fachkräftemangel verschärft sich, die Anforderungen an Führung werden komplexer, und gleichzeitig steigt der Wunsch nach flexibleren Arbeitsmodellen – insbesondere in Lebensphasen, in denen Care-Arbeit, Karriereambitionen und persönliche Bedürfnisse miteinander konkurrieren. Während Unternehmen dringend qualifizierte Führungskräfte suchen, bleibt ein großer Teil des Potenzials ungenutzt, weil klassische Vollzeitmodelle für viele Menschen – nach wie vor vor allem für Frauen – nicht mit ihrem Alltag vereinbar sind.
Die Folge ist die bekannte „Teilzeitfalle“: Hochqualifizierte Mitarbeitende reduzieren ihre Arbeitszeit, um Familie oder Sorgearbeit zu stemmen und verlieren damit häufig automatisch den Zugang zu Führungsrollen – nicht, weil ihnen Kompetenz fehlt, sondern weil Organisationen Führung mit ständiger Verfügbarkeit gleichsetzen. Damit gehen wertvolle Perspektiven verloren, die Unternehmen in einer dynamischen, digitalen und demografisch herausfordernden Arbeitswelt dringend benötigen.
Jobsharing bietet hier einen zukunftsweisenden Ansatz. Es ermöglicht, Führungsverantwortung zu teilen, ohne sie zu halbieren, und schafft Raum für lebensphasenorientierte Karrieren, die weder an Präsenzkultur noch an traditionelle Rollenmodelle gebunden sind. Geteilte Führung eröffnet neue Wege für vielfältigere Teams, robustere Entscheidungen und ein nachhaltigeres Leadership-Verständnis.
2. Die Teilzeitfalle – und warum sie Karrieren systematisch ausbremst
Die Teilzeitquote von Frauen in Deutschland gehört zu den höchsten in Europa. Rund jede zweite erwerbstätige Frau arbeitet in Teilzeit, wie das statistische Bundesamt ermittelte. Häufig nicht aus freien Stücken, sondern aufgrund struktureller Rahmenbedingungen: unzureichende Kinderbetreuung, hohe Belastung durch Care-Arbeit, starre Arbeitsmodelle und gesellschaftliche Erwartungen, die Verantwortlichkeiten in Familien noch immer ungleich verteilen. Wer weniger arbeitet, verliert Sichtbarkeit, Verantwortung und Zugang zu Führungsrollen – unabhängig von Kompetenz oder Führungspotenzial.
2.1 Frauen in Teilzeit – und selten in Führung
Trotz hoher Qualifikation sind 2024 nur 29 % der Führungspositionen in Deutschland weiblich besetzt (EU-Durchschnitt: 35 %). Grund ist nicht mangelnde Fähigkeit, sondern mangelnde Vereinbarkeit. Führung bleibt in vielen Unternehmen ein lineares Vollzeitmodell, während Lebensrealitäten längst nicht mehr linear verlaufen.
2.2 Ein Blick über die deutschen Grenzen – wer es besser macht
In Schweden, Frankreich oder Lettland ist der Anteil von Frauen in Führung deutlich höher. Der Grund: strukturelle Rahmenbedingungen, die Vollzeit- und Führungsarbeit realistisch ermöglichen.

Dazu gehören unter anderem:
- verlässliche Kinderbetreuungsinfrastruktur
- partnerschaftliche Elternzeitmodelle
- akzeptierte flexible Arbeitszeiten
- moderne Führungsmodelle, in denen Teilzeit und Führung selbstverständlich kombiniert werden können
Diese Länder zeigen: Höhere Frauenrepräsentanz ist kein Zufall, sondern das Ergebnis bewusst gestalteter Rahmenbedingungen.
2.3 Der Gender Care Gap: die unsichtbare Dimension der Ungleichheit
Frauen übernehmen in Deutschland im Schnitt rund 44 % mehr unbezahlte Sorgearbeit als Männer – von Kinderbetreuung bis mental load. Besonders nach der Geburt des ersten Kindes reduziert sich ihre Erwerbszeit dauerhaft. Diese Care-Arbeit wirkt wie ein versteckter Karrierefilter und entzieht Unternehmen wertvolles Talent.
2.4 Die Antwort? Jobsharing!
Jobsharing bietet eine Antwort auf genau diese Mechanismen. Es ermöglicht:
- Führungsverantwortung trotz reduzierter Arbeitszeit
- partnerschaftliche Verteilung von Aufgaben – beruflich wie privat
- Erhalt von Karrierepfaden, ohne Präsenzzwang
- eine Entschärfung der Care-bedingten Karriereabbrüche
Kurz: Jobsharing wirkt dort, wo die Teilzeitfalle entsteht – nicht am Individuum, sondern am System.
3. Jobsharing als Antwort auf moderne Arbeitsanforderungen
Digitalisierung, hybride Zusammenarbeit und steigende Komplexität verlangen weniger Hierarchie und mehr Kooperation. Führung wird zur geteilten Aufgabe – nicht nur im Team, sondern auch an der Spitze von Funktionen und Projekten. Jobsharing passt perfekt in diese Arbeitswelt.
3.1 Was Jobsharing eigentlich ist – und was nicht
Jobsharing bedeutet, dass zwei Führungskräfte eine Position gemeinsam ausfüllen. Dabei geht es nicht um „zwei halbe Stellen“, sondern um eine volle Führungsfunktion mit klarer Aufgabenteilung, abgestimmten Rollen und gemeinsamer Verantwortung.
Typische Modelle:
- klassisches Jobsharing
- Topsharing
- hybride Modelle
3.2 Warum Jobsharing heute überzeugt
Einzelpersonen stoßen angesichts zunehmender Komplexität schnell an Grenzen: operative Steuerung, Mitarbeitendenentwicklung, digitale Transformation, Kulturarbeit. Jobsharing schafft strukturelle Entlastung und ermöglicht:
- vielfältigere Perspektiven in Entscheidungen
- höhere Resilienz bei Ausfällen und Belastungsspitzen
- bessere Qualität in Führung durch Austausch und Reflexion
- stärkere Teamorientierung
3.3 Das Missverständnis der „halben Führung“
Gut gestaltetes Jobsharing verwässert Verantwortung nicht – es schärft sie. Rollen, Übergaben und Entscheidungswege werden explizit geklärt, statt unausgesprochen zu bleiben. Für Teams entsteht dadurch mehr Kontinuität und höhere Verlässlichkeit.
4. Der Perspektivwechsel: Führung neu denken
Führung ist längst keine solitäre Disziplin mehr. Studien zeigen, dass Teams erfolgreicher arbeiten, wenn Verantwortung verteilt statt konzentriert wird. Shared Leadership erhöht die Qualität von Entscheidungen, verbessert Kommunikation und stärkt die Anpassungsfähigkeit (Carson et al, 2007; Hoch & Kozlowski, 2014).
Jobsharing setzt diese Erkenntnisse praktisch um: Zwei Führungskräfte kombinieren ihre Kompetenzen, gleichen blinde Flecken aus und schaffen eine Form kollektiver Intelligenz, die einer Einzelperson schwer möglich ist.
Zugleich führt Jobsharing zu mehr Klarheit: Rollen und Entscheidungswege werden bewusst gestaltet, Übergaben professionell strukturiert und Teams profitieren von stabiler Ansprechbarkeit. Führung wird vernetzter, dialogischer und nachhaltiger.
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5. Was Jobsharing erfolgreich macht: Voraussetzungen & Erfolgsfaktoren
Jobsharing entfaltet sein Potenzial nicht automatisch. Damit zwei Führungskräfte gemeinsam eine Rolle ausfüllen können, braucht es klare Strukturen, eine hohe Kommunikationsqualität und eine Organisationskultur, die geteilte Verantwortung unterstützt. In der Praxis zeigt sich jedoch: Wenn diese Bedingungen erfüllt sind, funktioniert Jobsharing nicht nur gut, es kann klassische Führungsmodelle sogar übertreffen.
5.1 Organisatorische Rahmenbedingungen
Klare Rollen- und Aufgabenverteilung
Zentral ist eine präzise Definition dessen, was gemeinsam entschieden wird und wo individuelle Verantwortungsbereiche liegen. Ein gemeinsames Führungsverständnis ermöglicht schnelle Entscheidungen und verhindert Reibungsverluste.
Strukturierte Übergaben
Professionelle Übergaben – schriftlich, telefonisch oder mithilfe digitaler Tools – schaffen Transparenz und Kontinuität. Was in traditionellen Modellen oft zufällig entsteht, wird im Jobsharing bewusst gestaltet.
Unterstützung durch HR und Führungsebene
Jobsharing braucht institutionellen Rückhalt: passende Stellenbeschreibungen, transparente Prozesse und ein Management, das geteilte Führung nicht als Ausnahmefall, sondern als strategisches Modell versteht.
Geeignete Rollenprofile
Nicht jede Führungsfunktion ist automatisch Jobsharing-tauglich. Besonders geeignet sind Rollen mit hoher Komplexität, Projektverantwortung, Personalführung oder Aufgaben, die verschiedene Kompetenzprofile erfordern.
5.2 Persönliche Voraussetzungen & teambezogene Erfolgsfaktoren
Vertrauen & psychologische Sicherheit
Ein erfolgreiches Führungsduo basiert auf gegenseitigem Vertrauen. Beide müssen bereit sein, Verantwortung zu teilen, Informationen offen weiterzugeben und Entscheidungen im Sinne des gemeinsamen Ziels zu treffen.
Hohe Kommunikationskompetenz
Jobsharing funktioniert nur mit klarer, kontinuierlicher Kommunikation, sowohl intern im Duo als auch nach außen ins Team. Regelmäßige Check-ins, gemeinsame Entscheidungen und abgestimmte Botschaften sind essenziell.
Gemeinsame Werte & ein kompatibles Führungsverständnis
Ein Führungsduo muss nicht identisch sein, aber die grundlegende Haltung zu Führung, Zusammenarbeit und Teamkultur sollte übereinstimmen. Unterschiedliche Stärken sind ein Gewinn – unterschiedliche Grundhaltungen eher ein Risiko.
Reflexionsfähigkeit
Feedback – miteinander, vom Team, aus der Organisation – wird im Jobsharing häufiger und bewusster genutzt. Diese Reflexionsschleifen erhöhen die Qualität von Führung erheblich.
Viele dieser Erfolgsfaktoren finden sich auch in aktuellen Studien wieder, die zeigen, dass klar definierte Rollen, strukturierte Übergaben und ein unterstützendes HR-Umfeld entscheidend für gelingendes Jobsharing sind (vgl. BMFSFJ, Zielsicher: Mehr Frauen in Führung).
5.3 Typische Stolpersteine – und wie man ihnen begegnet
Unklare Verantwortlichkeiten
Wenn nicht klar ist, wer wofür zuständig ist, entstehen Unsicherheiten. Ein strukturierter Startprozess und regelmäßige Anpassungen wirken hier vorbeugend.
Über- oder Unterkommunikation
Zu wenig Abstimmung führt zu Lücken, zu viel führt zu Mehraufwand. Erfolgreiche Duos finden bewusst einen gemeinsamen Rhythmus und definieren Kommunikationsstandards.
Widerstände im Team
Teams müssen lernen, mit zwei Ansprechpersonen zu arbeiten. Transparenz darüber, wie Entscheidungen im Duo entstehen, schafft Vertrauen.
Fehlende Vorbilder
Jobsharing ist in vielen Organisationen noch wenig erprobt. Pilotprojekte, begleitende Kommunikation und erfahrungsorientiertes Lernen helfen, Hürden abzubauen.
5.4 Der Mehrwert: Warum der Aufwand sich lohnt
Erfolgreiche Jobsharing-Modelle zeigen:
- Entscheidungen werden fundierter.
- Führung wird menschlicher und zugänglicher.
- Die Arbeitsbelastung verteilt sich besser.
- Talente bleiben im Unternehmen, statt auszusteigen oder die Teilzeitfalle zu verstärken.
- Teams profitieren von breiteren Kompetenzprofilen.
Kurz: Jobsharing ist ein Organisationsentwicklungswerkzeug, nicht nur ein Arbeitszeitmodell.
6. Handlungsempfehlungen für Unternehmen
Jobsharing kann ein wirkungsvolles Instrument sein, um Fachkräfte zu halten, Diversität in Führung zu erhöhen und Organisationen resilienter zu machen. Damit das Modell sein Potenzial entfalten kann, muss es jedoch strategisch verankert werden – nicht als Ausnahme, sondern als Bestandteil moderner Personal- und Führungsentwicklung.
6.1 Klein anfangen – aber strategisch
Pilotprojekte sind ein guter Einstieg, besonders in Bereichen mit hoher Offenheit für neue Arbeitsmodelle. Entscheidend ist jedoch, sie nicht als Einzelfall zu behandeln: Ziele, Nutzen und Lernschritte müssen klar definiert und auf die Gesamtorganisation übertragbar sein.
Empfehlung:
Pilotbereiche bewusst auswählen, Zielsetzungen festlegen und Erfolge transparent messbar machen.
6.2 Rollenprofile überprüfen
Viele Führungsfunktionen eignen sich besser für Jobsharing als angenommen – insbesondere Rollen mit hoher Kommunikationsintensität, breitem Aufgabenportfolio oder strategischen Anteilen.
Empfehlung:
Stellenprofile prüfen und identifizieren, welche Aufgaben sich sinnvoll teilen lassen und wo zwei Kompetenzprofile einen Mehrwert bieten.
6.3 Strukturen für Zusammenarbeit schaffen
Damit Jobsharing funktioniert, braucht es klare Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse.
Konkrete Maßnahmen:
- regelmäßige gemeinsame Entscheidungsmeetings
- standardisierte Übergaben
- gemeinsame Kalender- und Dokumentationssysteme
- definierte Rollen-, Vertretungs- und Eskalationswege
Diese Strukturen erhöhen nicht nur die Leistungsfähigkeit des Führungsduos, sondern schaffen auch mehr Klarheit für das gesamte Team.
6.4 HR als strategischer Partner
HR spielt eine zentrale Rolle: Es unterstützt Matching-Prozesse, begleitet die Startphase und sorgt dafür, dass Jobsharing in Ausschreibungen, Kompetenzmodellen und Karrierepfaden sichtbar wird.
Empfehlung:
- Jobsharing standardmäßig in Stellenausschreibungen ermöglichen
- Führungskräfte zu Chancen und Anforderungen schulen
- Coaching- und Supervisionsangebote bereitstellen
6.5 Akzeptanz im Team fördern
Auch Teams müssen lernen, mit einem Führungsduo zu arbeiten. Vertrauen entsteht, wenn klar ist, wie Entscheidungen getroffen werden und wer wofür zuständig ist.
Empfehlung:
Offene Kommunikation, klare Erwartungen und ein abgestimmter Auftritt des Führungsduos schaffen Orientierung und fördern Akzeptanz.
6.6 Jobsharing sichtbar machen
Erfolgreiche Beispiele motivieren und senken Hemmschwellen. Organisationen, die ihre Jobsharing-Modelle sichtbar kommunizieren, senden ein starkes Signal: Führung kann vielfältig gestaltet werden.
Empfehlung:
- Erfahrungsberichte teilen
- interne Austauschformate etablieren
- Führungskräfte aktiv ermutigen, Jobsharing zu prüfen
7. Wie Jobsharing Frauen in Führung bringt – und was Unternehmen davon haben
Die geringe Anzahl von Frauen in Führungspositionen ist kein Kompetenzproblem – sie ist das Ergebnis von Strukturen, die Karriere und Care-Verantwortung noch immer gegeneinander ausspielen. Teilzeitfalle, Care-Gap und die Erwartung permanenter Verfügbarkeit erschweren vielen Frauen den Zugang zu klassischen Karrierewegen. Jobsharing setzt genau an dieser Schnittstelle an: Es eröffnet flexible Karrierepfade, ohne die Anforderungen an Qualität oder Verantwortung zu senken.
7.1 Ein Ausweg aus der Teilzeitfalle
Für viele Frauen scheitert der berufliche Aufstieg nicht an Ambition oder Leistung, sondern an Arbeitsmodellen, die ihre Lebensrealität nicht abbilden. Jobsharing ermöglicht Führungsverantwortung trotz reduzierter Arbeitszeit und schafft damit Strukturen, die bislang fehlten. Es ersetzt das Entweder-oder zwischen Karriere und Familie durch ein Sowohl-als-auch.
7.2 Höhere Sichtbarkeit und Gestaltungsräume
Teilzeit und Führung gelten häufig als unvereinbar. In der Praxis zeigt sich jedoch, dass Jobsharing gerade Sichtbarkeit und Wirkung erhöht: Strategische Aufgaben, Personalführung und operative Verantwortung werden im Duo abgestimmt – Engpässe werden ausgeglichen, Entscheidungen reflektierter getroffen. Damit eröffnen sich Frauen Führungsrollen, die im Vollzeitmodell oftmals verschlossen waren.
7.3 Mehr Vielfalt in Führung – bessere Entscheidungen
Vielfältige Führungsteams treffen nachweislich bessere Entscheidungen. Jobsharing verstärkt diesen Effekt gleich doppelt: Es erhöht die Repräsentanz von Frauen in Führung und kombiniert gleichzeitig zwei unterschiedliche Kompetenzprofile in einer Rolle. Dadurch werden Organisationen widerstandsfähiger, kreativer und anpassungsfähiger.
Unternehmen profitieren von:
- breiteren Perspektiven in Entscheidungen
- stabilerer Führung in Veränderungsprozessen
- höherer Innovationskraft
- stärkerer Talentbindung
7.4 Talentbindung und Employer Branding
Angesichts des Fachkräftemangels wird die Fähigkeit, Talente zu halten, zum entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Jobsharing signalisiert Flexibilität und Modernität und spricht besonders Menschen mit Care-Verantwortung an – nicht nur Frauen, sondern auch Männer, die ein partnerschaftliches Familienmodell leben möchten. Unternehmen erschließen dadurch einen größeren Talentpool und stärken ihr Arbeitgeberprofil.
7.5 Ein Strukturhebel, kein Sondermodell
Jobsharing sollte nicht als Ausnahme betrachtet werden, die nur auf Nachfrage möglich ist. Es ist ein struktureller Hebel, der Barrieren abbaut und Zugang zu Führungsrollen ermöglicht – unabhängig von Lebensphase, Präsenzkultur oder traditionellen Rollenbildern.
Jobsharing ist damit mehr als ein Arbeitszeitmodell: Es ist ein Instrument, um Führung gerechter, vielfältiger und zukunftsfähiger zu gestalten.
8. Weiterentwicklung und Qualifizierung – warum Leadership-Programme entscheidend sind
Jobsharing schafft neue strukturelle Möglichkeiten für Führung – doch um diese Möglichkeiten wirksam zu nutzen, benötigen Führungskräfte zusätzliche Kompetenzen. Geteilte Führung verlangt ein anderes Rollenverständnis, ein hohes Maß an Kommunikationsfähigkeit und die Bereitschaft, Verantwortung bewusst zu teilen. Viele dieser Fähigkeiten entwickeln sich nicht automatisch, sondern müssen gezielt aufgebaut werden.
8.1 Führung im Jobsharing: Anforderungen an Haltung und Kompetenz
Geteilte Führung bedeutet, Verantwortung gemeinsam zu gestalten. Das stellt besondere Anforderungen:
- Selbstreflexion: Führungskräfte müssen eigene Muster, Werte und Erwartungen kennen, um sie mit einer Partnerperson abzustimmen.
- Kommunikation: Jobsharing erfordert klare, strukturierte und regelmäßige Abstimmungen – im Duo und im Team.
- Feedbackkultur: Entscheidungen und Wahrnehmungen werden geteilt, daher spielt Feedback eine zentrale Rolle.
- Rollen- und Erwartungsmanagement: Wer führt wann? Wie werden Entscheidungen getroffen? Welche Aufgaben liegen gemeinsam, welche getrennt? Diese Fragen müssen kontinuierlich beantwortet werden.
- Konfliktfähigkeit: Unterschiedliche Perspektiven sind ein Gewinn – sie müssen aber konstruktiv zusammengeführt werden.
Diese Kompetenzen bilden den Kern moderner Führung. Jobsharing macht sie sichtbarer und fordert sie systematischer ein.
8.2 Lernen als kollaborativer Prozess
Führung im Wandel braucht Lernräume. Studien zeigen, dass moderne Organisations- und Führungskompetenzen besonders dann entstehen, wenn Menschen sich in Reflexion, Austausch und kollegialer Beratung üben. Berufsbegleitende Weiterbildungen bieten dafür einen idealen Rahmen: Sie verbinden theoretische Modelle mit praktischen Erfahrungen und ermöglichen die unmittelbare Übertragung in den Arbeitsalltag.
Programme, die Führung als gemeinschaftliche Aufgabe begreifen, fördern jene Perspektivwechsel, die für Jobsharing zentral sind: weg von der Einzelrolle, hin zu einem geteilten, dialogorientierten Führungsverständnis.
8.3 Women in Leadership: Kompetenzen für moderne Führungsmodelle
Gerade für Frauen eröffnet Jobsharing neue Wege in Führungsrollen. Um diese Rollen souverän zu gestalten, braucht es Räume für Entwicklung, Austausch und Empowerment. Das berufsbegleitende Programm Women in Leadership der Kempten Business School verbindet aktuelle Forschung mit praxisnahen Methoden und bietet ein Umfeld, in dem Frauen ihre Führungsidentität weiterentwickeln können.
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Zentrale Bestandteile des Programms – wie Selbstreflexion, Kommunikation, Verhandlungsführung, Umgang mit komplexen Teams oder die Entwicklung eines persönlichen Leadership-Profils – unterstützen genau jene Kompetenzen, die für Jobsharing essenziell sind. Gleichzeitig stärkt der Austausch mit anderen Führungskräften Perspektiven und Netzwerke, die über den Kurs hinaus wirken.
8.4 Führung weiterdenken – individuell und organisatorisch
Die Zukunft der Führung wird diverser, flexibler und kollaborativer sein. Weiterbildungsprogramme spielen dabei eine zentrale Rolle: Sie machen Kompetenzen sichtbar, stoßen Lernprozesse an und geben Organisationen Impulse für eine moderne Führungskultur. Sie ermöglichen es Führungskräften, neue Rollen auszuprobieren, Perspektiven zu erweitern und Jobsharing als strategische Chance zu begreifen.
Jobsharing wird damit nicht nur zu einem Arbeitsmodell, sondern zu einem Lernmodell: Führung wird geteilt – und Lernen ebenfalls.
9. Fazit: Jobsharing ist kein Kompromiss – sondern ein Zukunftsversprechen
Die Diskussion um Frauen in Führung, Vereinbarkeit und moderne Arbeitsmodelle zeigt eines deutlich: Es sind nicht fehlende Fähigkeiten, die Karrieren ausbremsen, sondern Strukturen, die an überholten Vorstellungen von Verfügbarkeit, Linearität und einzelzentrierter Führung festhalten. Die Teilzeitfalle, die ungleiche Verteilung von Care-Arbeit und starre Karrierelogiken wirken dabei wie unsichtbare Barrieren – für Individuen, aber auch für Organisationen, die dringend auf vielfältige Perspektiven angewiesen sind.
Jobsharing setzt genau an diesen Punkten an. Es öffnet Räume, in denen Führung und Lebensrealität zusammenpassen, ohne an Qualität, Verantwortung oder Anspruch einzubüßen. Es ermöglicht Frauen – und allen Mitarbeitenden mit Care-Verantwortung –, Führungsrollen anzunehmen, die bislang unerreichbar schienen. Und es bietet Organisationen die Chance, Führung resilienter, diverser und zukunftsfähiger zu gestalten.
Die Forschung ist eindeutig: Teams und Organisationen profitieren, wenn Verantwortung geteilt, Perspektiven kombiniert und Entscheidungen gemeinsam getragen werden. Jobsharing operationalisiert diese Erkenntnisse und macht sie im Führungsalltag erlebbar.
Doch am Ende ist Jobsharing mehr als ein Arbeitszeitmodell. Es ist ein Ausdruck einer Haltung: Führung ist kein Einzelkampf, sondern ein gemeinsamer Gestaltungsraum. Unternehmen, die diese Haltung verankern, schaffen nicht nur faire Chancen – sie stärken ihre Innovationskraft, ihre Attraktivität und ihre Fähigkeit, in einer komplexen Welt erfolgreich zu sein.
Die Zukunft der Führung wird kollaborativer sein. Jobsharing ist ein Weg dorthin.
11.12.2025
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