Der letzte Punkt. Das letzte Argument. Ein letztes Mal gegenlesen und korrigieren. Und sie ist fertig, die Abschlussarbeit. Aber sind Abschlussarbeiten heutzutage, wo Künstliche Intelligenz einen großen Teil der Schreibarbeit übernimmt überhaupt noch zeitgemäß oder nur noch eine formale Hürde?
Abschlussarbeiten: Formale Hürde oder Meilenstein?
Abschlussarbeiten sind nicht nur ein Meilenstein in der akademischen Laufbahn, sondern auch ein essenzieller Beitrag zur wissenschaftlichen Kompetenzentwicklung. Sie ist eine intensive Phase, in der wissenschaftliche Kompetenzen vertieft, strukturiertes Denken geübt und eigenständige Forschung betrieben wird. Denn – außer vielleicht in der Philologie – war die literarische Leistung nie der Kern der Abschlussarbeit, sondern nur ein Werkzeug um die wissenschaftlichen Erkenntnisse in ein verständliches Format zu bringen.
Genau deshalb bleibt gerade in Zeiten von KI und digitalen Tools ihre Bedeutung ungebrochen.
Warum Abschlussarbeiten unverzichtbar bleiben
In einer Zeit, in der KI und digitale Tools allgegenwärtig sind, könnte man meinen, Abschlussarbeiten hätten an Bedeutung verloren. Doch das Gegenteil ist der Fall. Abschlussarbeiten schulen Fähigkeiten, die keine KI ersetzen kann: kritisches Denken, kreative Lösungsansätze und wissenschaftliche Integrität.
KI kann in Abschlussarbeiten ein wertvolles Werkzeug sein – von der Ideenfindung bis zur Strukturierung von Texten. Doch die verantwortungsvolle Nutzung erfordert klare Regeln und wissenschaftliches Know-how. Es geht darum, KI nicht als Ersatz, sondern als Partner zu verstehen. Es ist entscheidend, den Umgang mit digitalen Tools und KI zum festen Bestandteil der akademischen Ausbildung zu machen. Nur so können wir verhindern, dass sich eine „digitale Spaltung“ im Sinne eines „digital divide“ (Salden, Lordick & Wiethoff, 2023, S. 15 Fachportal Pädagogik ) weiter verschärft und die Heterogenität der Studierenden zur Benachteiligung führt.
Studien zeigen, dass generative KI besonders bei Lesbarkeit und Struktur hilfreich ist: etwa 51 % der Studierenden nutzen sie für Textfluss, 22 % für Grammatik. (Patterns and Purposes: A Cross-Journal Analysis of AI Tool Usage in Academic Writing, Ziyang Xu, 2025). Doch sie ersetzt nicht die Fähigkeit, eigenständig zu analysieren und Schlussfolgerungen zu ziehen. Forschungen belegen: Wer ausschließlich KI generierte Texte abgibt, verliert an Lernerfolg. Dagegen steigert die gezielte Nutzung als Feedback Tool den Lernertrag.
08.07.2025
Das Lernen hat sich durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) an sich nicht gewandelt, es sind nur Tools dazugekommen. Die Fragen zu KI in der Lehre sind also alte Frage. Was bleibt denn beispielsweise konstant? Naja, ohne sinnvolle Lernstrategien bleibt nachhaltiger Lernerfolg schwer erreichbar. Oldie but Goldie also.
KI als Partner, nicht als Ersatz
KI kann in der Ideenfindung, beim Strukturieren und bei sprachlichen Fragen wertvolle Unterstützung bieten. Aber entscheidend ist der verantwortungsvolle Umgang. Hochschulen stehen deshalb vor der Aufgabe, klare Regeln zu schaffen und digitale Kompetenzen zu lehren. Denn nur wenn Du lernst, KI bewusst einzusetzen, entwickelst Du auch die Fähigkeit, wissenschaftlich sauber und eigenständig zu arbeiten.
Ein Blick in die Praxis: Wirtschaftspsychologie in Kempten
Besonders aktuell wird das Thema bei uns an der Kempten Business School: In unserem Masterkolleg Wirtschaftspsychologie verzichten wir komplett auf klassische Klausuren – mit Ausnahme der Abschlussarbeit. Hier stehen Fragen der KI Nutzung immer mit im Raum. Gleichzeitig erwarten uns vielfältige Themen von interkultureller Psychologie über Change Management bis zur digitalen Transformation. Diese Vielfalt zeigt nicht nur die aktuellen Herausforderungen der Wirtschaftswelt, sondern auch die Innovationskraft unserer Studierenden.
Ausblick
Abschlussarbeiten sind und bleiben ein entscheidender Moment im Studium – auch im Zeitalter von KI. Sie sind nicht nur ein Prüfstein, sondern ein Trainingsfeld für Kompetenzen, die in der digitalen Arbeitswelt unverzichtbar sind. Wenn Du KI als Partner verstehst und Chancengleichheit gesichert ist, dann können Abschlussarbeiten das bleiben, was sie immer waren: ein Sprungbrett für die Zukunft.
10.09.2025
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